Geschichte Syst. Therapie

Geschichte der systemischen Therapie

Neben der Psychoanalyse und der Verhaltenstherapie ist diese Therapie die dritte Säule humanistischer Therapieformen. Obwohl die Wurzeln weiter zurückliegen, hat sie ihren Anfang in den 1950er Jahren genommen. Theoretische Grundlagen dieses Therapiekonzeptes sind neben Kommunikationstheorie und Kybernetik auch Systemtheorie und sozialer Konstruktivismus. Zentraler Ansatz der Therapie ist die Annahme, dass eine Person und ihre Probleme nicht einzeln, sondern stets im Kontext eines sozialen Systems wie etwa der Familie, zu betrachten sind. So wird nicht nur die psychische Erkrankung an sich, sondern auch die interpersonellen Konflikte behandelt. In Diagnose und Therapie werden daher in der Regel auch Bezugspersonen der Patienten mit einbezogen.

Die Anfänge der modernen Psychotherapie

Die medizinische Behandlung seelischer Störungen wurde im Europa des ausgehenden 18. Jahrhunderts neu konzipiert, woraus sich Psychiatrie und Psychotherapie entwickelten. Bis Ende des 19. Jahrhunderts wurden psychische Probleme und symptomatisches Verhalten jedoch ausschließlich mit einer Dysfunktion im Körper erklärt. Behandlungskonzepte setzen aus diesem Grund darauf, die körperliche Ursache für eine seelische Störung zu finden und diese dann mit der Hilfe von Medikamenten zu behandeln. Um diese Zeit herum begann Sigmund Freud, sich mit sich mit psychischen Störungen zu befassen und entwickelte schließlich sein Konzept der Psychoanalyse. In der Psychoanalyse werden die Ursachen für Symptome in einem Trauma oder Konflikt gesehen, den ein Patient in der Vergangenheit durchgemacht hat. Dieses Problem ist allerdings im Alltag nicht mehr präsent und wurde aus diversen Gründen ins Unbewusste verdrängt. Damit der Patient seine Symptome überwinden kann, muss der Therapeut dabei helfen, diese verdrängten Erlebnisse wieder ins Bewusstsein zurückzuholen. Da mit diesen Vorfällen auch Emotionen verknüpft sind, müssen diese neu sortiert und empfunden werden, damit Heilung stattfinden kann. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstand mit dem Lernen jedoch noch ein weiteres Erklärungsmodell für symptomatisches Verhalten. Als Stationen können hier die reflexologische Psychologie nach Pawlow, der Behaviorismus, der von Thorndike und Watson begründet wurde sowie der Neobehaviorismus nach Skinner genannt werden. Diese Richtung der Psychologie sieht Symptome als Resultat erlernter Fehleinstellungen oder falscher Verhaltensweisen. Im Rahmen einer Verhaltenstherapie können diese dann korrigiert werden. Alle dieser Erklärungen beruhen auf einem Modell von Ursache und Wirkung. Das heißt, symptomatisches Verhalten wird als Versagen gesehen. Der Grund oder auch Ort des Versagens ist hierbei der Mensch selbst. Laut dieser Theorien besteht entweder eine falsche genetische Disposition oder ein biochemisches Problem im Körper. Auch intrapsychische Entwicklung oder der Lernprozess können fehlerhaft abgelaufen sein, was zur Herausbildung einer Symptomatik geführt hat.

Die Vorläufer der Systemiker

Bei Freud wurde der Familie in allen Fragen rund um die Psyche bereits eine enorme Bedeutung beigemessen. Er ging davon aus, dass es nur möglich sei, psychische Symptome eines Patienten im Kontext der Beziehung zu den Eltern zu verstehen. Daher legte er in seinem Therapieansatz einen Schwerpunkt darauf, die Eltern-Kind-Beziehungen des Patienten zu rekonstruieren. Die Psychoanalytiker C-G-Jung und Alfred Adler haben in ihren Ansätzen ebenfalls Ideen, die durch die systemische Beratung später aufgegriffen und weiter entwickelt wurden. Beispielsweise hat Alfred Adler schon in den 1920er Jahren auch die Familie des Klienten in die von ihm durchgeführten Beratungen für Familie und Erziehungsfragen integriert. Die Gründer der systemischen Therapie haben darüber hinaus oft auch ihre Wurzeln in der Psychoanalyse. Wie zum Beispiel der Arzt Jacob Moreno. Der Österreicher begründete ebenfalls in den 1920er Jahren die Therapiemethoden des Psychodramas. Dieser Ansatz sieht den Menschen und das ihn umgebende soziale Netz als untrennbare Einheit. Die personenzentrierte Psychotherapie, aber auch die humanistische Psychologie haben ebenfalls Einfluss auf die Entwicklung gewisser systemischer Methoden gehabt. Allerdings steht hier, im Gegensatz zur Sichtweise der Psychoanalytiker, das Erleben des Individuums im Hier und Jetzt im Fokus.

Die Systemiker im Kontext der Wissenschaft der Zeit

Die Entstehungsgeschichte der Therapie kann nicht isoliert von den allgemeinen wissenschaftlichen und akademischen Strömungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts betrachtet werden. Prägend für ein neues Verständnis der Welt waren zu dieser Zeit vor allem die von Albert Einstein aufgestellte Relativitätstheorie und die von Werner Heisenberg entwickelte Unschärferelation. Bei beiden Theorien stand nicht mehr das Objekt alleine im Vordergrund, sondern es wurden die Beziehungen zwischen den einzelnen Objekten betrachtet. Dabei spielt es auch eine Rolle, die wechselseitigen Abhängigkeiten und Beeinflussungen verschiedener Objekte untereinander in den Blickpunkt der Aufmerksamkeit zu rücken. Bedeutend für die Entwicklung der Therapie ist ebenfalls der Konstruktivismus, besonders die Ansätze des sozialen Konstruktivismus. Dieses Konzept geht davon aus, dass es sich bei der Realität nicht um das handelt, für was der Mensch sie hält, sondern um eine Konstruktion, die von der jeweiligen Person errichtet wird. Das meint im Grunde nichts anderes, als dass jeder sich seine Realität selbst konstruiert und diese dann auch so wahrnimmt. Therapie in diesem Kontext bedeutet dann, dass nicht auf ein von außen vorgegebenes Ziel hingearbeitet wird. Sie stellt eher die Rahmenbedingungen, die den Anstoß von völlig ergebnisoffenen Prozessen und Veränderungen ermöglicht.

Von der Familientherapie zur systemischen Therapie

Die eine Initialzündung zur Entwicklung dieser Form der Therapie gibt es nicht. Diese neue Richtung in der Psychotherapie nahm ihre Anfänge in den USA in den 1950er Jahren. Interessant ist, dass diese neuen Denkmodelle in der Therapie an vielen Orten gleichzeitig auftraten, ohne dass die einzelnen Therapeuten voneinander gewusst oder miteinander in Austausch gestanden hätten. Allen gemeinsam ist jedoch, dass sie in ihrer Praxis bei der Behandlung psychotischer Patienten an ihre Grenzen gestoßen waren. Das betraf vor allem psychotische Jugendliche. Hier gab es, nach anfänglich durchaus beträchtlichen Therapieerfolgen, überdurchschnittlich viele Rückfälle zu verzeichnen, die zunächst ratlos machten. Dabei entstand die interessante Beobachtung, dass in nahezu allen Fällen Familienmitglieder in diese Problematik involviert waren. Oft war es der Fall, dass ein Patient aus der Therapie herausgenommen wurde, wenn sich gerade erste Fortschritte gezeigt hatten. Die Therapeuten wendeten sich daher notgedrungen mehr den Familien ihrer Patienten zu. Da damals noch das recht geradlinige, traditionelle Modell von Ursache und Wirkung das Denken beherrschte, lag die Erklärung auf der Hand. Ursache und somit Schuld am Krankheitsbild der psychotischen Patienten lag an dem gestörten Verhalten einzelner oder aller Familienmitglieder. Das bedeutete zunächst jedoch lediglich eine Verschiebung der Ursachen für ein psychisches Erkrankungsbild. Die Schuld für die Erkrankung wurde so vom Patienten auf die krankmachende Familie transferiert.

Eine neue Sichtweise

Auch diese Sichtweise musste über kurz oder lang in eine Sackgasse führen. Erste Impulse, die schließlich zu einer entscheidenden Weiterentwicklung führten, kamen von einer Gruppe um Gregory Bateson in Palo Alto. Bateson und seine Kollegen trugen dazu bei, dass das bislang dominante kausal-lineare Erklärungsmodell durch ein zirkuläres Verständnis ersetzt wurde. In seiner Veröffentlichung “Mind and Nature” zeigt Bateson auf, dass in der Welt der Lebewesen nicht nur die Kraft, sondern auch die Faktoren Beziehung und Information wichtig sind. Dieser Ansatz lässt sich mit einem einfachen Beispiel erklären. Wenn man einen Hund oder einen Stein tritt, ist die Bewegung des Steines aufgrund von Parametern wie Größe des Steins, Krafteinwirkung und Erdanziehung, die genau berechnet werden können, etwas, das exakt vorhersehbar ist. Die Reaktion des Hundes hingegen kann nicht vorhergesagt werden und ist die große Unbekannte. Denn sie ist zum Beispiel abhängig von der Beziehung, die zwischen Hund und tretender Person besteht, aber auch davon, wie der Hund den Tritt interpretiert. So könnte der Hund bellen, flüchten, beißen, sich krümmen oder jaulen. Die Reaktion des Hundes beeinflusst dann das Verhalten des Menschen, der ihn getreten hat. Man bezeichnet das als rekursiven oder zirkulären Prozess. In diesem Zusammenhang können auch psychische Probleme und Krankheiten als Resultat der Kommunikation und Interaktion in sozialen Systemen gesehen werden. Damit wird das Individuum seiner Fehlerhaftigkeit entbunden. Probleme und Krankheiten ergeben sich somit aus der Interaktion eines sozialen Systems wie der Familie. Diese Erkenntnis zeigt die Geburtsstunde der Familientherapie an.

Neuartige Ansätze in der Therapie kristallisieren sich heraus

Die Gruppe um Boszormenyi-Nagy aus Philadelphia leitete ihren Ansatz von der aus der Psychoanalyse bekannten Denkweise ab. Hier geht es vor allem um Loyalitäten auf intergenerationaler Ebene. Aspekte wie Bindungen und Ausstoßen aus dem System betrachtete diese Gruppe unter dem Aspekt, dass jede Familie über Generationen hinweg eine Art Konto führt. Auf diesem Konto wird verzeichnet, inwieweit bestimmte familiäre Vermächtnisse erfüllt werden. Eine negative Bilanz auf diesem Konto führt dann zum Ausstoß aus dem Familiensystem, eine positive Bilanz rechtfertigt den Verbleib. Sperling und Stierlein entwickelten in Deutschland ein recht ähnliches Konzept. Später entfernte Stierlin sich jedoch zunehmend von psychoanalytischen Ideen. Mit seinen Kollegen entwickelte er das Heidelberger Modell, das viele Ideen der Forscher aus Palo Alto aufgreift. Am Mental Research Institute (MRI) im US-amerikanischen Palo Alto arbeiteten damals Paul Watzlawick, Jay Hayley, Virginia Satir und natürlich Gregory Bateson. Die Kommunikationstheorien von Bateson haben nachhaltige Auswirkungen auf die systemische Beratung gehabt. In Palo Alto wurde nach und nach der Fokus der Therapie auf das komplette Herkunftssystem des Patienten erweitert. Das betraf ihren gesamten Lebenskontext und die Bedingungen, unter denen sie ihr Leben mehr oder weniger freiwillig führen mussten. Die Forschungen am MRI erhielten ebenfalls wertvolle Impulse von dem Begründer der modernen Hypnose und Hypnotherapie Milton H. Erickson. Parallel dazu etablierte sich in Europa der als Mailänder Gruppe bekannte Forscherverbund, der aus
Selvini Palazzoli, Luigi Boscolo und Gianfranco Cecchin bestand. Die Mailänder verfolgten eine strategische Vorgehensweise, die durchaus als radikal bezeichnet werden darf. Manche bezeichnen daher Mailand und nicht Palo Alto als den Geburtsort der neuen Therapie. Korrekter wäre allerdings die Aussage, dass sowohl die Arbeiten aus Palo Alto als auch die Erkenntnisse der Mailänder Gruppe dazu beitrugen, therapeutische Methoden auszudifferenzieren. Das führte zur Familientherapie, die auf den psychotherapeutischen Grundannahmen dieser Forscher basierte.

Entwicklung neuer therapeutischer Techniken

Virginia Satir dokumentierte in ihren Arbeiten einen Ansatz, der aus der humanistischen Psychologie kommt und sich als wachstumsorientiert und erlebniszentriert zeigt. Ihr ging es vor allem darum, sich auf den Selbstwert des Patienten zu fokussieren. Wenn ein Individuum in der Lage ist, sich selbst wertzuschätzen, ist es ihm auch möglich eine klare und kongruente Kommunikation zu führen. Eventuell auftretende und bereits bestehende Probleme können so auf respektvolle Art und Weise bezüglich der Freiheit des Gegenüber aufgelöst werden. In ihrer Praxis räumte sie auch den sogenannten Familienskulpturen einen hohen Stellenwert ein. In Deutschland wurde dieses Konzept dann vor allem vom Weinheimer Institut aufgegriffen. Mit diesen vielen neuen Ansätzen, die sich auch angeregt von den Entwicklungen in anderen Wissenschaftsbereichen wie der Kybernetik zeigten, konnte eine radikale Absage an kausale Modelle erteilt werden. Denn es war nun möglich, das schizophrene Verhalten eines Patienten im Kontext des Verhaltens und der Kommunikation der übrigen Familienmitglieder schlüssig und sinnhaft zu erklären. Die verschiedenen Schulen und Ansätze entwickelten nun Kategorien, die in der Lage waren, dynamische Prozesse, Beziehungen und Interdependenzen innerhalb eines Systems oder zwischen dem System und der Umwelt zu erfassen. Als eine der ersten Techniken wurden zum Beispiel Symptomverschreibungen entwickelt oder auch die Verstärkung des Verhaltensmusters eines Familienmitgliedes, um das Familiengefüge in Unruhe zu bringen, damit neue Organisationsprozesse starten konnten. Aufmerksamkeit verdient in diesem Kontext auch die strukturelle Familientherapie nach Minuchin. Hier geht es um die Grenzen und Hierarchien innerhalb des familiären Systems. Minuchin geht davon aus, dass ein Familiensystem gut funktioniert, wenn die Grenzen zwischen den Generationen eingehalten werden. Die Grenzen sollten dabei aber weder zu starr noch zu durchlässig sein. Da dieser Ansatz sehr normativ ist, hat er im Verlauf der letzten Jahre zwar an Bedeutung verloren, ist aber für die Geschichte der neu entwickelten Therapie relevant.

Therapie des Interaktionszentrums

Auch in Deutschland kam man ab den 1970er Jahren zunehmend zu der Meinung, dass es deutlich leichter ist, ein Interaktionssysten zu therapieren denn ein Individuum. Das liegt vor allem daran, dass es recht einfach möglich ist die Interaktionsregeln eines Systems wie etwa eine Familie zu beobachten. Die intrapsychischen Vorgänge, das heißt, die Gedanken und Gefühle einer Person können jedoch nur aus diversen, rein hypothetischen Kontexten erschlossen werden. Da es sich bei Gedanken und Gefühlen um ein sehr komplexes System handelt, wird die therapeutische Arbeit durch diese Form der Arbeit erleichtert. Innerhalb des Systems können so Strukturveränderungen angeregt werden, die in ihrer Dynamik oft zu sehr überraschenden Therapieerfolgen führen können. Durch Beratung und eine verstärkte Ausbildung ist es nun möglich, individuelles Verhalten in einem völlig neuen Kontext zu erklären. Denn Verhalten ist nun erklärbar mit rekursiven Wechselbeziehungen und den Aktionen der Interaktionspartner. Das führt dazu, sich von der Idee zu verabschieden, dass Verhaltensschwierigkeiten oder psychische Krankheiten das Resultat eines Defektes im individuellen psychischen System, aber auch der Familie, bedingt seien.

Neue Rolle des Therapeuten

Diese Form der Therapie versetzt jedoch auch den Therapeuten in eine neue Rolle. Denn die Rolle als Experte für gesunde Strukturen, der gezielt auf Veränderungen des Einzelnen oder des Familiensystems hinarbeitet, ist so nicht mehr gegeben. Der Aspekt der alleinigen Verantwortung des Therapeuten entfällt somit. In der Beratung und Therapie sieht die Rolle des Therapeuten hingegen so aus, dass konsequent eine Außenperspektive eingeführt wird. Dadurch können die gegenseitigen Selbst- und Fremdinterpretationen innerhalb einer Familie hinterfragt werden und schlussendlich deren Interaktionsregeln verändern. Die Ausbildung hat dem Therapeuten hierfür spezielle Fragetechniken vermittelt wie etwa das zirkuläre Fragen, das von der Mailänder Gruppe angeregt und von der Heidelberger Gruppe um Stierlin weiterentwickelt wurde. Die systemische Therapie Ausbildung hat den Therapeuten auch gelehrt, bestimmte Mechanismen des Systems nicht mitzumachen, da nur so neue Organisationsprozesse angeregt werden können. Veränderungen können ebenfalls angeregt werden, wenn der Therapeut eingreift und einschränkende Muster oder Ideen bewusst stört und neue Perspektiven einführt, die den Spielraum des Systems erweitern. Dadurch wird eine Hilfe zur Neuorganisation geleistet. Der Aufwand für den Anstoß ist gering, der Effekt jedoch umso nachhaltiger, da auf diese Weise schnelle Veränderungen bewirkt werden können. Der Therapeut ist bei dieser Art der Behandlung nicht mehr der Diagnostiker von Problemen, der alle Zusammenhänge kennt und nur noch spezielle Methoden anzuwenden hat. Die systemische Therapie Ausbildung hat vielmehr gelehrt, als Frager und Sucher die Wirklichkeit des Patienten zu erforschen. Ein Interesse für das System und seine Organisationsform ist dabei zentral. Die Ausbildung lehrt aber auch den Respekt vor den für jedes System individuellen Überzeugungen. Letztendlich geht es darum, dem System die Möglichkeit und Perspektive zu geben, sich selbst neu zu strukturieren, damit das Leben angenehmer wird.

Die Therapieform heute

Da der Therapeut während der Behandlungen Teil des Systems wird, hat sich statt Familientherapie heute der Begriff systemische Fortbildung und Therapie durchgesetzt. Außerhalb des klassischen Therapiesettings spricht man auch einfach über Beratung. Heute geht es in der therapeutischen Arbeit nicht mehr nur um die Behandlung eines Individuums mit seinem Bezugssystem. Die systemische Ausbildung ermöglicht es auch, effektiv mit Teams, Organisationen und sogar ganzen Konzernen zu arbeiten. Diese systemische Fortbildung lässt sich vielfältig nutzen. Sie ist einsetzbar in der sozialen Arbeit, wo es in der Regel um Lösungsorientierung und Unterstützung geht, aber auch bei wirtschaftlich und politisch relevanten strategischen Fragen. Kooperationen und Zusammenarbeiten können ebenfalls in diesem Kontext beleuchtet werden. Systemische Ausbildung wird heute weniger als Möglichkeit definiert, einen Menschen zu verändern. Viel eher werden durch sie Rahmenbedingungen geschaffen, in denen Veränderung geschehen kann. Das führte zu neuen therapeutischen Ansätzen wie dem Reflecting Team nach Andersen, den narrativen Ansätzen nach White, den lösungsorientierten Ansätzen nach de Shazer oder den therapeutischen Konversationen gemäß Boscolo und Cecchin. Der Wissenschaftliche Beirat Psychotherapie hat die Therapieform 2008 in Deutschland als wissenschaftlich anerkannt eingestuft, in den Nachbarländern Österreich und Schweiz geschah dies bereits in den 1990er Jahren. Die Art der Therapie gehört jedoch nicht in dieselbe Kategorie wie Psychoanalyse, Verhaltenstherapie und tiefenpsychologisch ausgerichtete Psychotherapie.